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Pistol,
um auf Ihre Frage eine Antwort geben zu können, muss ich etwas weiter ausholen und erlaube mir, das in Deutsch zu versuchen. Leider muss ich davon ausgehen, dass die Übersetzung, die ich nicht einmal kontrollieren kann, mit Fehlern behaftet sein wird. Mir fehlt einfach das richtige Gefühl für den Gebrauch der englischen Sprache.
Die besagte Landauer Liste entstand infolge der Verfügung des Allgemeinen Kriegsdepartments des Preußischen Kriegsministeriums vom 6. Mai 1913, die den Einbau des Kammerfangs und den Austausch des Korns, zum Erreichen der einheitlichen Visierschussweite von 50 m, vorsah.
Das Königreich Bayern entschied sich durch Verfügung des bayrischen Kriegsministeriums vom 2. März 1914 erst 10 Monate später zu dem gleichen Schritt; wie wir wissen zu spät, da am 1. September der 1. Weltkrieg ausbrach. Die Königreiche Sachsen und Württemberg waren hier wohl schneller mit ihrer Entscheidung; zumindest für Württemberg ist gesichert, dass die Pistolen nur teilweise umgebaut werden konnten. Zur Sachlage in Sachsen fehlen mir leider jegliche Hinweise.
Um die Anzahl der zu ändernden P08 festzustellen, beauftragten die Artilleriedepots die ihnen zugewiesenen Regimenter mit der Auflistung der zu ändernden Pistolen. Die den einzelnen Königreichen gehörenden Pistolen sollten natürlich alle geändert werden. Bei den dem Privatbesitz der Offiziere zuzuordnenden Pistolen wurden den Besitzern die Möglichkeit der Änderung zum Preis von 2,80 Goldmark angeboten, entscheiden durften sie natürlich selbst, ob sie die Änderung durchführen lassen wollten oder nicht. 16500 Pistolen des Königreiches Bayern neben ca. 500 P08 aus privatem Besitz wurden letztendlich der Gewehrfabrik Erfurt zur Änderung mitgeteilt.
Es liegen im Kriegsarchiv des Bayrischen Hauptstaatsarchivs noch mehrere Listen der bayrischen Artilleriedepots vor, doch weisen diese im Gegensatz zur Auflistung aus Landau nur sehr vereinzelt die Waffennummern aus. Anders bei der Landauer Liste. Hier wird den einzelnen Regimentern und Ersatzformationen penibel die Waffennummer zugeordnet. Dieser Aufstellung können wir unter anderem entnehmen, dass der 1. Ersatz M.G. Kompagnie des II. Armeekorps 189 P08 zugeordnet waren, oder, dass den einzelnen Bataillonen des Bayrischen 18. Infanterie Regiments unterschiedliche Mengen an Ordonnanzpistolen zustanden (43, 44 und 45 Stück).
Die Sache hat aber einen Haken; die Waffenmeister der einzelnen Regimenter unterschieden weder nach Hersteller, noch nach dem Herstelldatum und vergaßen zudem oft den Buchstaben zur Seriennummer, so dass wir nur dann einen wirklichen Überblick erhalten, wenn wir anhand der Truppenstempel zweifelsfrei mehrere Pistolen den Auflistungen der Regimenter zuordnen können.
Und jetzt zu Ihrer zivilen DWM mit Nr. 58739 und der dazugehörigen Tasche. Wenn die Tasche nicht zur Pistole gehören sollte, sondern erst später, vielleicht durch einem Sammler, zur Pistole gekommen wäre, wäre es durchaus möglich, dass die Pistole an eine Formation, ein Regiment, des Kgl. Bay. 2. Armeekorps ausgegeben wurde, vielleicht sogar an ein Regiment, das zum Landauer Artilleriedepot zählte. Dann aber hätte sich der Offizier gegen die Ausführung der Änderung an seiner Pistole entschieden, da Sie auf der Liste nicht geführt wird.
Ich aber gehe davon aus, dass P08 und Tasche zusammengehören; nachweisen lässt sich das aber aus den oben geschilderten Gründen nicht.
Aber immerhin stärkt die in der Liste aufgeführte Seriennummer 58763 die Vermutung, dass Ihre Waffe an das 2. Bayrische Armeekorps geliefert wurde.
Nun noch zur Frage der geschwärzten Taschen.
In 1915 wird im Armee- Verordnungsblatt dreimal über Pflege und/oder Schwärzen berichtet. Es gab eine Allerhöchste Kabinettsorder vom 21. September, der schon am 27. September eine Anleitung zum Schwärzen der Taschen folgte. Solche Befehle galten in diesem Fall für die Bedarfsträger der Ordonnanzpistole und nicht für die mit der P08 ausgerüsteten Offiziere. Die Taschen der Offiziere bleiben bis in den 2. Weltkrieg hinein braun.
Ich würde in jedem Fall davon ausgehen, dass nachträglich geschwärzte Taschen mit Herstellung vor 1915 in 1915 auch in Gebrauch waren. Davon abgesehen möchte ich bemerken, dass wohl nur ein ganz geringer Prozentsatz der in 1915 getragenen Taschen auch geschwärzt wurde. Ich habe bestimmt noch mehr als 50 Taschen der Jahre 1909- 1911 und nur drei davon wurden nachträglich geschwärzt.
Wenn man selbst heute noch über die Schlachtfelder des 1. Weltkrieges geht, oder sich die zeitgenössischen Fotos davon ansieht, mag man sich vorstellen, dass den Soldaten damals im Grabenkrieg ganz andere Sorgen quälten, als ihre Schuhe und das andere Lederzeug zu schwärzen!
Zur letzten Frage: Ich kann von hier aus natürlich nicht beantworten, ob es in den Staaten möglich ist, die in Frage kommenden Regimentsgeschichten käuflich erwerben zu können, doch sollte es über einen längeren Zeitraum hin möglich sein, diese hier in Deutschland zu erwerben.
Da der Name des vermeintlichen Besitzers ja bekannt ist, sollte es selbst für jemanden ohne Deutschkenntnisse möglich sein, die Regimentsgeschichten nach dem Namen zu durchforsten.
Best regards Klaus
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